Désirée Schauz (Hg.), Sabine Freitag (Hg.)

Verbrecher im Visier der Experten

Kriminalpolitik zwischen Wissenschaft und Praxis im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Désirée Schauz (Hg.), Sabine Freitag (Hg.)

Verbrecher im Visier der Experten

Kriminalpolitik zwischen Wissenschaft und Praxis im 19. und frühen 20. Jahrhundert

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Welchen Einfluss hatte die Wissenschaft auf Kriminalpolitik und Strafpraxis im 19. und frühen 20. Jahrhundert? Bislang galt die Genese der Kriminologie Ende des 19. Jahrhunderts als entscheidender Paradigmenwechsel in der Entwicklung des modernen Kriminalitäts- und Strafverständnisses.

Die in diesem Band versammelten Beiträge zu Gefängniskunde und Kriminalstatistik verdeutlichen hingegen, dass die Verwissenschaftlichung der Kriminalpolitik wesentlich früher einsetzte. Zugleich belegen die hier vorgestellten Beispiele aus Polizei-, Justiz- und Vollzugspraxis aber auch, wie Alltagswissen, soziale Differenzierungen sowie politische und institutionelle Interessen weiterhin das vermeintlich objektive Verbrecherbild bestimmten.

Der Band zeigt damit auf, dass selbst im Zuge von Kriminalanthropologie und -biologie traditionelle sozial-moralische Kriminalitätsdefinitionen nicht einfach von neuen naturwissenschaftlich-medizinischen Erklärungen abgelöst wurden.

Aus dem Inhalt

Vorwort
Désirée Schauz / Sabine Freitag: Verbrecher im Visier der Experten. Zur Einführung

I. Kriminalpolitische Expertenforen und ihr Personal:
Lars Hendrik Riemer: »Fürsten der Wissenschaft« und »arme kleine Praktiker« ? Theoretiker und leitende Strafanstaltsbeamte im Gefängnisreformdiskurs des 19. Jahrhunderts
Martina Henze: Netzwerk, Kongressbewegung, Stiftung: Zur Wissenschaftsgeschichte der internationalen Gefängniskunde 1827 bis 1951
Sylvia Kesper-Biermann: Wissenschaftlicher Ideenaustausch und »kriminalpolitische Propaganda«. Die Internationale Kriminalistische Vereinigung (1889–1937) und der Strafvollzug

II. Kriminologisches Wissen zwischen Alltagserfahrung, wissenschaftlichem Anspruch und politischer Strategie:
Karsten Uhl: Die Bedeutung der Kategorie Geschlecht für den Wandel des Strafdenkens im 19. Jahrhundert
Thomas Kailer: »Intelligent, aber leichtsinnig«. Weibliche Strafgefangene in der kriminalbiologischen Untersuchung, 1923–1945
Sabine Freitag: »Society is the Super-Criminal« – Philanthropie, Statistik und die Debatten über die Ursachen von Kriminalität in England (1834–1932)
Andreas Fleiter: Die Kalkulation des Rückfalls. Zur kriminalstatistischen Konstruktion sozialer und individueller Risiken im langen 19. Jahrhundert

III. Expertenwissen und Strafpraxis:
Falk Bretschneider: Die »Gefängnis-Klinik«. Wissenschaft und Strafvollzug im 19. Jahrhundert. Das Beispiel Sachsen
Sandra Leukel: Im »Weiberzuchthaus«. Frauenstrafvollzug im Kaiserreich am Beispiel der badischen Frauenstrafanstalt Bruchsal
Désirée Schauz: Straffälligenfürsorge und Kriminologie. Wege und Grenzen der Verwissenschaftlichung
Urs Germann: Der Ruf nach der Psychiatrie. Überlegungen zur Wirkungsweise psychiatrischer Deutungsmacht im Kontext justizieller Entscheidungsprozesse
Jens Jäger: Internationales Verbrechen – Internationale Polizeikooperation 1880–1930. Konzepte und Praxis

Personenregister — Sachregister

"... the collection does an exemplary job of bringing diverse and underappreciated source material into the historiographical mix. The essays are almost uniformly clear, lively, and carefully argued. Overall, the book will be immensly useful for anyone concerned qwith the history of European criminal policy, social reform, biopolitics, and the history of science."

http://www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=23784

"Die Ausführungen sind anspruchsvoll und dabei gut lesbar, meist mit einer Zusammenfassung versehen, sodaß  sich jeder relativ schnell über die wichtigsten Thesen und Ergebnisse informieren kann, zumal ein Personen- und Sachregister die Orientierung erleichtert. Hervorzuheben ist die sehr dicht geschriebene Einführung der Herausgeberinnen 'Verbrecher im Visier der Experten' (9–32), die eine vorzügliche Übersicht über die bisherigen Problemfelder der Kriminologiegeschichte und die Verwissenschaftlichungstendenzen der Kriminalpolitik bietet sowie deren Defizite und aktuelle Herausforderungen thematisiert."

Marie-Elisabeth Hilger, Sudhoffs Archiv 95, 2011/1

"Auf diesem Hintergrund sind die gute Lesbarkeit der Beiträge, die gelungene Einordnung der Themen in die Forschungslandschaft und die jeweils stringente Argumentation beachtenswert. Die Lektüre lohnt nicht zuletzt, weil man auf hohem Niveau an der laufenden Forschung partizipiert."

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-1-161
Band 2
ISBN 978-3-515-09055-1
Medientyp Buch - Kartoniert
Auflage 1.
Copyrightjahr 2007
Verlag Franz Steiner Verlag
Umfang 334 Seiten
Abbildungen 2 s/w Abb.
Format 17,0 x 24,0 cm
Sprache Deutsch